GREIFSWALD Food-Technologie aus MV zieht internationalen Finanzinvestor an: Bio, vegan, vor allem aber ohne Konservierungsstoffe, Stabilisatoren und Geschmacksverstärker bei trotzdem langer Haltbarkeit von bis zu 30 Tagen – die vom vorpommerschen Food-Start-up Lunch Vegaz durch ein spezielles selbstentwickeltes Herstellungsverfahren produzierten fertigen Biogerichte lassen private Kapitalgeber aufhorchen. Die international agierende Schweizer Fondgesellschft Blue Horizon Ventures hat sich jetzt bei dem 30-Mann-Unternehmen in Rothenklempenow im Landkreis Vorpommern-Greifswald eingekauft. Die privaten Geldgeber hätten sich in einer neuen Finanzierungsrunde gemeinsam mit der vom Land mit Wagniskapital ausgestatteten Schweriner Beteiligungsgesellschaft Genius Venture Capital mit 2,5 Millionen Euro an dem Unternehmen beteiligt, teilten die Eigner mit.
Lunch Vegaz, nach eigenen Angaben einziger Hersteller frisch zubereiteter Gerichte mit reinen Biozutaten ohne Zusatzstoffe, hat sich in nur fünf Jahren gemeinsam mit regionalen Lieferanten zu einem der führenden Hersteller veganer Fertigprodukte entwickelt. Der neueste Renner: ein aus Sonnenblumen hergestellter Fleischersatz für Bouletten oder Geschnetzeltes. Inzwischen verlassen monatlich 50.000 Gerichte die Biomanufaktur. Die Aussichten sind günstig: „Pflanzenbasierte Ernährung ist kein Trend mehr, es wird der größte Bestandteil unserer zukünftigen Ernährung sein“, erklärte Firmengründer Govinda Thaler. Die Corona-Krise habe die Nachfrage an bioveganem Essen aus nachhaltigen Bezugsquellen noch einmal steigen lassen. Das Interesse der Verbraucher an transparenten Produktionsabläufen – vom Erzeuger bis zum Verkaufsregal im Supermarkt – sei deutschlandweit spür- und messbar angestiegen, teilte das Unternehmen mit.
Die biologische Vollwertkost ist inzwischen bei namhaften Supermarktketten, im Online-Shop und großen Food-Servicegesellschaften gelistet. Selbst ein Discounter nahm die Biogerichte aus Vorpommern für eine Aktionswoche ins Sortiment. Auch in Gemeinschaftsverpflegungen in Schulen und Kitas vor allem in Berlin werde die Biokost serviert. Im eigenen Land sei es hingegen etwas schwerer, in Kantinen zu überzeugen, hieß es. Allein im ersten Quartal sei der Umsatz auf das Niveau des gesamten Vorjahres gestiegen. Allerdings habe die Corona-Krise das Geschäft in den Folgewochen einbrechen lassen. Die Geldspritze für das Unternehmen lasse auf weiteres Wachstum erhoffen. Mit dem frischen Kapital würden die Vertriebs- und Produktionskapazitäten erweitert. So solle unter anderem die Produktpalette ausgebaut und eine nachhaltige Schale für denVerkauf eingeführt werden. Mit seinem Engagement baue die schweizerische Blue Horizon Ventures die Spezialisierung auf Investments in nachhaltige Lebensmitteltechnologien aus, hieß es gestern.
Mit der erneuten Geldspritze erweitert auch Genius ihr Beteiligungsgeschäft. Die Risikokapitalgesellschaft managt im Auftrag des Wirtschaftsministeriums den mit 15 Millionen Euro aus dem mit Beihilfen aus dem EU-Strukturfonds EFRE ausgestattete Venture Capital Fonds MV. Das wirkt: Das bei privaten Investoren eingesammelte Kapital für Start-ups im Land übersteigt bereits die bisher von Genius investierten öffentlichen Mittel. Bei Lunch Vegaz sei es in weniger als zwei Jahren gelungen als öffentlicher Investor die Lead-Position an einen international agierenden Fonds abzugeben, meinte Genius-Chef Uwe Bräuer. Gegenwärtig beteilige sich Genius an weiteren Finanzierungsrunden von Start-ups in MV. Mit drei Unternehmen liefen zudem Verhandlungen über neue Beteiligungen.
Quelle: Schweriner Volkszeitung, 18. August 2020, Autor: Torsten Roth