Sichones Team entwickelt schlüsselfertige Sensorlösungen für intelligente Wassernetze, sogenannte Smart Water Networks. „Unsere Sensorsysteme können umfangreiche Daten in Echtzeit erheben und bereitstellen, welche helfen, Wasserverbrauch und Rohrbrüche zu reduzieren“, so Sichone. Die Sensoren erfassen etwa Durchfluss, Wasserdruck sowie Temperatur. Durch die Einbindung in ein Smart Water Network lassen sich Aussagen und Prognosen zum Wasserverbrauch machen und Leitungsschäden in Echtzeit detektieren. Pumpen, Ventile oder Wasseraufbereitungssysteme können softwaregestützt überwacht, gesteuert und vorausschauend gewartet werden. Da die Messgeräte von Pydro die nötige Energie aus dem Wasserfluss genieren, arbeiten sie autark. In einem „Sensing as a ServiceModell“ erhalten Kunden analysierte Sensordaten, Hardware-Upgrades und -Austausch, Firmware-Updates, Ende-zu-Ende Verschlüsselung, Gerätediagnose und einen Datentarif. Pro Gerät zahlt der Kunde eine monatliche Gebühr. Derzeit sei Pydro der einzige Anbieter eines schlüsselfertigen Sensorsystems, das kosteneffizient und vor allem skalierbar einsetzbar ist, so Sichone.
Bedarf erkannt, Entwicklungszyklen beschleunigt
Ursprünglich wurde Pydro im Jahr 2016 gegründet, um ungenutzte Energie aus Trinkwasserrohrleitungen zurückzugewinnen. „In Gesprächen mit Wasserversorgern stellten wir schnell fest, dass die Einspeisevergütung nicht ausreicht, um ein tragfähiges Geschäftsmodell aufzubauen“, erzählt Sichone. „Zudem wollen Wasserversorger ihre Netze durch Energierückgewinnung effizienter machen, doch Energieeinspeisung gehört nicht zu ihrem Kerngeschäft.“ Aus dieser Erkenntnis entstand die Idee eines energieautarken Sensorsystems. Miguel Linares, der mehr als zehn Jahre internationale Erfahrung in der Produktentwicklung mitbringt, stieß 2018 als CTO zum Team dazu. Thomas Clemens, ehemaliger Vertriebs- und Marketingleiter eines deutschen Leckageortungsunternehmens, investierte 2019 zunächst als Business Angel und wechselte ein Jahr später operativ als CMO in das Team. Er hat Erfahrung mit langen Vertriebszyklen und ist für Marketing und Vertrieb verantwortlich. Sichone, der im Jahr 2018 in die Forbes „30 under 30“ in der Kategorie Industrie gewählt wurde, leitet Geschäft und Produktmanagement. Darüber hinaus hat Pydro ein multidisziplinäres Team von Ingenieuren eingestellt. Mit dem geballten Know-how gelang es, besonders kurze Ent-wicklungszyklen für die Iteration der Prototypen zu realisieren – typischerweise eine große Herausforderung für Start-ups mit einer Hardwarekomponente. Der funktionsfähige Prototyp wird seit mehreren Monaten bei Kooperationspartnern und potenziellen Kunden erfolgreich im Feld erprobt, bis dato in über 6.000 Stunden Testbetrieb.
Step by Step-Finanzierung
Die Pre-Seed-Phase finanzierte das Team selbst, unterstützt durch Freunde und Familie. Es folgten das Exist-Gründerstipendium und Förderprogramme wie KMU-Innovativ und das DBUSonderprogramm für grüne Start-ups. Mit Genius Venture Capital, dem Team hinter dem Venture Capital Fonds MV, stand Pydro bereits vor der Gründung in Kontakt. „Von Mulundu Sichones technischen Fähigkeiten und seiner Vision waren wir von Anfang an beeindruckt“, so Uwe Bräuer, Geschäftsführer bei Genius. 2018 lieferte Genius eine erste Anschubfinanzierung. „Seitdem unterstützen uns Uwe Bräuer und das Team von Genius in allen Fragen der Finanzierung und der Unternehmensführung“, sagt Sichone. Nach einigen Entwicklungsschritten und Modifikationen des Geschäftsmodells wurde Genius im Jahr 2020 in der ersten größeren Finanzierungsrunde Lead Investor. Zeitgleich stieg das Dresdner Business AngelsSyndikat Gigahertz Ventures ein.
Skalierbarkeit als USP
Das Potenzial ist groß, denn Pydro adressiert ein drängendes Problem: Studien zufolge gehen weltweit circa 30% des unter hohem Energie- und Kostenaufwand aufbereiteten Wassers durch Leckagen verloren. Mit zunehmender Wasserknappheit und häufigeren Dürreperioden steigt der Handlungsdruck auf die Versorger, auch in Zentraleuropa. Neue regulatorische Rahmenbedingungen fördern Innovationen. „Durch Rechtsvorschriften wie die europäische Wasserrahmenrichtlinie werden wir eine verstärkte Einführung neuer Technologien erleben“, so Sichone. Nur so könnten Unternehmen die Vorgaben einhalten. Neben Wasserversorgungsunternehmen zählen auch Landwirte und wasserintensive Industrieunternehmen zu Pydros Zielkunden. Mitbewerber sind etwa Start-ups wie Aqua Robur Technologies und Save Innovation, die sich auf die Energieerzeugung in Wasserrohrleitungen fokussieren, sowie Anbieter von netzgebundenen beziehungsweise batterie-, solar- oder windbetriebenen Sensorlösungen. „Bei einem der größten Bottlenecks der Skalierung, nämlich der autarken Energieversorgung der Sensorik, liefert Pydro entscheidenden Mehrwert“, so Bräuer.
Neue Finanzierungsrunde in Aussicht
„Wir glauben an eine Zukunft, in der kein Tropfen Wasser unnötig verloren geht“, so Sichone. Zu dieser Zukunft will er mit Pydro maßgeblich beitragen und sein Start-up zu einem Global Player im Bereich Smart Water Networks entwickeln. „In den kommenden 24 Monaten wird sich das Team darauf konzentrieren, das Sensorsystem zur Marktreife zu bringen und erste Kunden zu gewinnen“, so Bräuer. Zudem wird ein weiteres erfahrenes Teammitglied auf C-Level gesucht, das die Bereiche IoT, Software und Datensicherheit verantwortet. Um diese Ziele zu erreichen, plant Pydro eine weitere Finanzierungsrunde von rund 2,5 Mio. EUR im ersten Quartal 2022.
Quelle: VentureCapital Magazin "Zukunft im Visier - Investmenttrends 2022", Dezember 2021, Autor: Lukas Henseleit