Letzte Rettung in der Not: In MV entwickelte Turbo-Blutstillungskompressen aus Neubrandenburg für schwerste traumatische Verletzungen kommen jetzt weltweit zum Einsatz. Nach jahrelanger Entwicklung und langem Zulassungsverfahren habe das Unternehgmen Speed Care Mineral in diesen Wochen mit dem weltweiten Vertrieb begonnen, erklärte Firmenchef Siegfried Kruse. „Wir setzen 2025 zum Durchstart an.“ Die notwendige Zertifizierung als Medizinprodukt hatte sich wegen unklarer Regularien und überlasteter Prüfstellen um nahezu zwei Jahre verzögert.
Großes Interesse an Turbo-Kompressen aus MV
Deutschland, Japan, Australien, arabische Länder, Baltikum, Südostasien: Nach einem Jahre dauernden Zulassungsverfahren seien mittlerweile die in Neubrandenburg entwickelten, schnell wirkenden Blutstillungskompressen „SpeedM®“ für die Notfallversorgung mit Unterstützung des Schweizer Vertriebspartners IVF Hartmann in den Verkauf gegangen und würden für die Versorgung Schwerverletzter eingesetzt.
Die Technologie ist gefragt – vor allem im Ausland: Es gebe ein großes Interesse, meinte Kruse. Inzwischen sei die Kompresse SpeedM® auch in Indien zugelassen. Für die USA sei die Zulassung beantragt. In den vergangenen Jahren hatte Speed Care Mineral Verhandlungen mit über 90 Vertriebspartnern aufgenommen. Unternehmensplanungen zufolge wollen die Neubrandenburger den Export noch deutlich ausbauen und später mehr als 90 Prozent der Geschäfte im Ausland abwickeln, kündigte Kruse an: „Die Entwicklung ist für die Welt gemacht“ – zur Anwendung bei allen traumatologischen Verletzungen. Das Unternehmen war für seine Außenhandelsstrategie 2023 mit dem Exportpreis der drei Industrie- und Handelskammern in MV ausgezeichnet worden.
Einsatz auch bei Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste
Noch würden die innovativen Notfallkompressen vorwiegend beim Militär wie bei der Bundeswehr und in Nato-Staaten für die Versorgung von Verwundeten in Konfliktregionen eingesetzt, erklärte Kruse. Künftig solle aber auch der Einsatz der Turbo-Kompressen bei Blaulichtkräften bei der Polizei, Feuerwehr, Rettungsdiensten und zivilen Sicherheitskräften vorbereitet werden – überall, wo eine schnelle Blutungskontrolle beispielsweise nach schweren Verletzungen notwendig ist. Als ein Produkt der kritischen Patientenversorgung, sei es das Ziel der Neubrandenburger SpeedM® in Deutschland herzustellen und damit einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Europa leisten zu können, hatte Firmenchef Kruse erklärt.
Wundstillung in zwei Minuten
Die mecklenburgische Entwicklung könnte einen Schub in der Notfallversorgung bringen: Die Kompressen seien in der Lage, mithilfe von speziellen Mineralien bei jeder Art von Notfalleinsätzen starke Blutungen großer, schwer zugänglicher Wunden in kürzester Zeit zu stillen – nach eigenen Angaben in zwei bis drei Minuten statt normalerweise etwa zwölf Minuten. Dazu werde ein spezieller Verbundvlies mit natürlichen Mineralien beschichtet – mit einem sogenannten Halloysit-Mineral aus der Kaolin-Familie, ein Tonmineral, das in Kombination mit Druck aufgrund physikalischer Wirkung die Zeit bis zur Blutstillung verkürzt.
Notfall-Kompressen auch für die Gynäkologie
Künftig sollen die Blutstillungskompressen auch Patienten im zivilen Medizinbereich stärker von Nutzen sein. So werde die Produktzulassung auch auf die Anwendung in der Gynäkologie bei starken nachgeburtlichen Blutungen erweitert, teilte das Unternehmen mit. Der Bedarf ist groß: Entsprechende Komplikationen führten weltweit zu mehr als 15 Millionen behandlungsfähigen Fällen pro Jahr. Sie würden häufig Hysterektomien, Bluttransfusionen und schwere Nebenwirkungen nach sich ziehen. Starke nachgeburtliche Blutungen zählten zu den häufigsten Ursachen der Müttersterblichkeit.
Firma aus Neubrandenburg gewinnt neue Investoren
Die Entwicklung aus MV überzeugt indes auch weitere Kapitalgeber: So hat Speed Care Mineral im April in einer vierten Finanzierungsrunde weiteres Kapital zur notwendigen Absicherung der Markteinführung eingesammelt. Mit dabei: eine Gruppe privater Finanziers, aber auch die Schweriner Beteiligungsgesellschaft Genius Venture Capital (GVC). Als Ankerinvestor stelle Genius den Unternehmen nicht nur Kapital, sondern auch Know-how zur Verfügung und unterstütze bei der Investorensuche. All das führe zu einem Gesamtpaket, das für die kommerzielle Entwicklung von technologischen Innovationen außerordentlich wichtig sei, meinte Genius-Chef Uwe Bräuer.
Kooperation mit der Uni Rostock
Die Neubrandenburger nehmen indes die nächste Entwicklung in den Blick: Zusammen mit der Universität Rostock wollen sie das Potenzial hochreiner Mineralprodukte für klinische Anwendungen jenseits der Blutstillung erforschen. Insbesondere sollen Mineralprodukte hinsichtlich ihrer Adsorptionsfähigkeiten verschiedener krankheitsfördernder Toxine und Entzündungsmediatoren im Darm untersucht werden. Die Forschungskooperation hatte dafür im vergangenen Jahr beim Innovationswettbewerb der Gesundheitswirtschaft in MV weitere Staatshilfen erhalten. Erste Ergebnisse sind erfolgversprechend, erklärte Speed-Care-Mineral-Chef Kruse.
Quelle: Nordkurier, 13.05.2025, Autor: Torsten Roth